3 Strategien, wie du dein Gedankenkarussell beruhigen kannst

Bye-bye Gedankenkarussell

Es gibt Zeiten, da ist der Kopf so voll wie das Oktoberfest am Eröffnungstag. Du willst schlafen, dich entspannen oder einfach nur in Ruhe den Feierabend genießen, aber die Gedanken drehen ihre Runden wie blinkende, lärmende Fahrgeschäfte, ohne Ziel und ohne Pause. Und auf Dauer ist das Eigenleben, das sie führen, ganz schön erschöpfend. Das Gedankenkarussell ist für uns alle ein ständiger Begleiter. In diesem Beitrag teile ich, was mir als Meditationslehrerin hilft, wenn der Geist sich im Kreis dreht: ein tieferes Verständnis für seine Natur, liebevolle Strategien, die sich in meiner eigenen Praxis und in meinen Kursen bewährt haben, und vor allem ein Perspektivwechsel.

Dieser Text ist Teil der Blogparade von Pia Hübinger zum Thema „Wie kann ich mein Gedankenkarussell stoppen?“. Eine Einladung, unsere inneren Werkzeuge miteinander zu teilen – und dadurch mehr Harmonie im eigenen Kopf zu finden.

Warum haben wir überhaupt ein Gedankenkarussell?

Ja, das Gedankenkarussell ist nervig und anstrengend. Aber bevor wir einfach versuchen, es komplett abzustellen, lass uns mal davon ausgehen:

Dein Geist meint es eigentlich nur gut mit dir!

Denn im Grunde hat dein Geist zwei wichtige Funktionen: nach Bedrohungen Ausschau halten und (wenn kein Unheil droht) Unterhaltung suchen. 

Um deine Sicherheit zu gewährleisten, rechnet dein Geist ständig mit möglichen Gefahren, malt sich schon mal vorsorglich allerlei Worst-Case-Szenarien aus und hält das Gedankenkarussell mit Sorgen, Hypothesen und Schlachtplänen am Laufen. 

Der Säbelzahntiger im Hinterkopf: Negativity Bias und Kontrolle

Dieser sogenannte „Negativity Bias“ ist wissenschaftlich belegt. Dabei handelt es sich um eine kognitive Verzerrung, bei der wir ein größeres Augenmerk auf negative Dinge legen – selbst wenn es dafür rein objektiv keinen Grund gibt.

Dieser Mechanismus stammt noch aus unserer Höhlenmenschen-Vergangenheit. Denn damals haben vor allem die besorgten „Kontrollfreaks“ überlebt, die lieber einmal mehr nachgeschaut haben, ob draußen vor der Höhle auch wirklich kein Säbelzahntiger lauert. 

Und die sorglosen, unbedarften Vorfahren? Nun ja, die wurden eher mal gefressen.

Dies ist eine evolutionäre Erklärung dafür, warum unsere Psyche so gern Kontrolle haben möchte. (Es gibt natürlich auch spirituelle Erklärungen.)

Der Wunsch nach Kontrolle ist also einerseits eine tief verwurzelte Schutzfunktion unseres Geistes – mit der wir uns andererseits aber auch jede Menge unnötigen Druck und Stress machen können. Denn in den allermeisten Fällen sitzt uns kein Säbelzahntiger im Nacken.

Strategie 1: Lass ihn reden – und dann rede mit ihm

Wie können wir also damit umgehen, wenn das Gedankenkarussell nun Fahrt aufgenommen hat? Eine Strategie kann sein: Wenn du weißt, dass dein Geist es im Grunde gut meint, dann lass ihn doch einfach mal reden. Lass ihn dir erst einmal zeigen, was er dir zeigen möchte. Und dann beruhige ihn in seinen Sorgen. Ja, du kannst mit deinem Geist sprechen!

Eine praktische Technik ist, dir „Sorgenzeit“ für später einzuplanen. Du machst also mit deinem Geist einen Termin aus, an dem ihr all diese Gedanken in Ruhe durchgehen werdet. Damit signalisierst du ihm, dass du ihn in seiner Sorge ernst nimmst. Denn häufig dreht sich das Gedankenkarussell umso stärker, je mehr wir versuchen, es zu unterdrücken.

Genauso kannst du es auch machen, wenn dich herumwirbelnde Gedanken in der Meditation ablenken. Die Lehrer am Himalayan Institute empfehlen:

Führe einen kurzen Dialog mit deinem Geist: „Verstand, du bist seit Ewigkeiten mit solchen Gedanken beschäftigt. Nach der Meditation wirst du viel Zeit haben, solche Gedanken wieder aufzunehmen. Kannst du nicht einfach 30 Minuten für die Meditation erübrigen und sehen, wie viel Frieden und Glück du dadurch erlangst?“ Verlängere diesen Dialog nicht. Kehre mit dieser sanften, aber nachdrücklichen Erinnerung zu deiner Meditation zurück.

(Pandit Rajmani Tigunait in seinem Buch „Vishoka Meditation“)

Strategie 2: Verankere dich im Hier und Jetzt

Viel Stress und Sorgen entstehen, wenn unser Geist an Erinnerungen aus der Vergangenheit festhängt oder sich in Zukunftsszenarien verliert. Mit deiner Atmung kannst du dich jederzeit ins Hier und Jetzt zurückholen.

Der Atem ist dein Rettungsanker, der dich mit der Gegenwart verbindet. 

Wenn du einmal darauf achtest, kannst du feststellen: Deine Atmung spiegelt dir in jedem Moment deine innere Landschaft wider. Denn deine Gefühlslage und dein Stresslevel machen sich in deinem Atemmuster bemerkbar.

  • Wenn du wütend bist, atmest du ganz anders, als wenn du fröhlich und entspannt bist. 
  • Wenn du Angst hast oder dich erschreckst, hältst du instinktiv die Luft an. 
  • Wenn du gestresst und angespannt bist, atmest du flach und oberflächlich. 

Wenn du dir das bewusst machst, kannst du gegensteuern. Eine stark vereinfachte Faustregel ist:

Atme so, wie du dich fühlen möchtest.

Wenn du dich ruhiger fühlen möchtest, lass den Atem langsamer fließen. Wenn du dich entspannter fühlen möchtest, lass den Atem weicher werden. Wenn du Anspannung loslassen möchtest, atme lang und lösend aus.

Mit einer ruhigen, gleichmäßigen Bauchatmung beruhigst du innerhalb weniger Minuten dein Nervensystem, deine Gefühlslage und dein Stressempfinden. Und solange du mit deiner Aufmerksamkeit bei deiner Atmung bleibst, bist du automatisch ganz präsent im gegenwärtigen Moment.

Strategie 3: Hol den Geist dort ab, wo er gerade steht

Von einer bewussten Atmung ist es nur noch ein klitzekleiner Schritt bis zur Meditation. Wenn wir allerdings anfangen zu meditieren, stellen wir häufig fest: Solange es für den Geist neu ist, können wir uns gut konzentrieren. Aber schon bald (manchmal innerhalb von Sekunden) schweift der Geist ab und sucht nach einer neuen, spannenderen Art von Unterhaltung – oder er geht sicherheitshalber noch einmal den Katalog mit den hypothetischen Sorgenszenarien durch.

Egal, welche Art von Meditation du praktizierst und wie lange du schon dabei bist: Ein Teil der Praxis wird es immer sein, die abschweifenden Gedanken zurückzuholen und die Aufmerksamkeit wieder liebevoll auf die Meditation zu richten.

Es gibt aber Meditationsformen, die mit den natürlichen Tendenzen des Geistes arbeiten, anstatt den Geist in die Ruhe zu zwingen oder ihn sich selbst zu überlassen. Vor allem tantrische Meditationen wie die traditionelle Kriya-Meditation geben dem Geist erst einmal eine interessante Aufgabe, auf die er sich konzentrieren soll (zum Beispiel eine Atem- oder Energielenkung), bis er schließlich bereit ist, still zu werden.

Zugleich geben sie dem Geist zunehmend kraftvolle und positiv aufgeladene Dinge, in die er sich vertiefen kann. Denn die alten Yogis, aus deren Tradition diese Meditationen stammen, wussten: Der Geist ist wie ein Schwamm und nimmt die Qualitäten an, denen er ausgesetzt wird.

In solchen Meditationen geht es also nicht nur um eine schnelle Beruhigung des Nervensystems, sondern um eine langfristige Transformation des Geistes – hin zu mehr Ruhe, Klarheit und innerer Strahlkraft. Genau deshalb praktiziere und unterrichte ich diese Meditationsformen so gern!

Mach deinen Geist zu deinem besten Freund!

Das Gedankenkarussell ganz abstellen? Vielleicht ist das gar nicht immer sofort nötig. Manchmal hilft es, ihm zuzuhören, es ernst zu nehmen – und ihm dann mit Atem, Präsenz und Bewusstsein neue Wege zu zeigen. Der Geist meint es gut mit dir. Und du darfst gut mit ihm umgehen. Wie wäre es, wenn dein Geist zu deinem besten Freund werden könnte? Die Strategien dafür, die mir selbst und meinen Kursteilnehmerinnen zuverlässig helfen, zeige ich dir gern in meinen Meditationskursen.

Ich freue mich, wenn meine Gedanken und Erfahrungen dir Impulse geben, deinem eigenen Geist mit mehr Verständnis zu begegnen. Wenn du Lust hast, noch weitere Perspektiven auf dieses Thema zu entdecken, dann schau gern bei der Blogparade von Pia Hübinger vorbei. Dort findest du weitere Beiträge mit Ideen, Ritualen und Erkenntnissen – vielleicht ist auch dein nächster Aha-Moment dabei.


Stefanie Seher Porträt

Hi, ich bin Stefanie!

Ich unterrichte Yoga und Meditation und schreibe hier darüber, wie du mehr Verbindung, Tiefe und Erfüllung in deiner Praxis finden kannst – und wie du all das in deinen eigenen Unterricht einfließen lassen kannst.


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