Schon wieder dasselbe? Was in dem berühmten 90er-Jahre-Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ wie ein Fluch wirkt, ist in der Meditation ein Segen. Denn erst die tägliche Wiederholung bringt uns die Stabilität, Vertrautheit und Tiefe, die wir suchen. Wenn du für einen längeren Zeitraum die gleiche Meditation übst, profitiert dein Nervensystem, dein Gehirn und letztlich dein ganzes Leben. Ein Plädoyer gegen den schnellen Konsum von immer neuen Lifestyle-Meditationshäppchen – und für die Hingabe, sich wirklich auf eine Praxis einzulassen.
Dein Nervensystem und dein Gehirn danken es dir
Für viele von uns ist Stressreduzierung ein wichtiger Grund, warum wir meditieren. Unser Alltag ist randvoll mit Terminen, Informationen, Reizüberflutung, äußeren Anforderungen – und den inneren Erwartungen, die wir an uns selbst haben. Dabei bringen Körper, Geist und Nervensystem jeden Tag Höchstleistungen.
Nicht nur dass wir täglich meditieren, sondern auch dass wir uns über einen längeren Zeitraum derselben Meditation widmen, trägt zur Regulierung des Nervensystems bei. Wiederholung und Vorhersehbarkeit sind zentrale Kriterien, die zur Entspannung beitragen. Eine vertraute Meditation kann sich anfühlen, als würden wir innerhalb weniger Minuten in ein behagliches Zuhause zurückkehren.
Auch neurowissenschaftlich ist bereits gut erforscht: Das Gehirn braucht Wiederholung. Die neuronalen Netzwerke im Gehirn entwickeln sich ständig weiter – das ist auch der Grund, warum lebenslanges Lernen funktioniert. Damit neue Verknüpfungen allerdings stabil werden, müssen sie über einen längeren Zeitraum immer wieder benutzt werden. Das Gehirn braucht die Chance, Gewohnheiten bilden zu können.
Wie lange dauert es, bis neue neuronale Verbindungen (und damit Gewohnheiten) stabil sind?
Es kommt darauf an. Verschiedene Studien nennen Zeiträume zwischen 28 und 66 Tagen. Komplexe Gewohnheiten oder gravierende Veränderungen brauchen oft länger, bis sie gefestigt sind.
Was ist eigentlich eine „Gewohnheit“, wenn wir von Meditation sprechen?
Eine Gewohnheit kann ganz simpel sein, überhaupt jeden Tag eine gewisse Zeit in der Meditation zu verbringen – auch wenn die Meditationen ständig wechseln. Natürlich hat das bereits unmittelbare Vorteile: Denn du nimmst dir regelmäßig Zeit für eine bewusste Pause.
Aber auch jede konkrete Meditationsform bringt einen eigenen Lern- und Gewohnheitsprozess mit sich. Und dies ermöglicht es, auf weiteren und auch tieferen Ebenen von der täglichen Meditation zu profitieren. Denn natürlich ist Meditation kein reiner Selbstzweck, oder? Im Grunde erhoffen wir uns ja alle eine Wirkung.
Integration statt Konsum
Angesichts der riesigen Fülle an frei verfügbaren Meditationsanleitungen und geführten Meditationen ist es verlockend, möglichst viele verschiedene auszuprobieren. Ob YouTube, Podcasts oder Social Media: Die moderne Medienlandschaft fördert ständige Reizsuche und Abwechslung. Die Tendenz: Viele Menschen „konsumieren“ Lifestyle-Meditationen wie Inhalte auf Spotify.
Eine gleichbleibende Praxis wirkt wie ein Gegenmittel zu dieser Dopamin-getriebenen Zerstreuung. Sie ermöglicht es, innere Stabilität zu kultivieren, auch wenn sozusagen „nichts passiert“. Ein tieferes Verständnis der Praxis kann sich erst entfalten, wenn die Impulse nicht mehr ständig wechseln.
Deshalb werden traditionelle Meditationen im Yogakontext oft für 40 Tage geübt. Dieser traditionelle Richtwert entspricht also auch sehr gut dem Zeitraum, den die Hirnforschung für eine effektive Gewohnheitsbildung festgestellt hat. Es gibt aber auch viele Fälle, in denen Meditationen energetisch anspruchsvoller sind und deshalb mehr Zeit brauchen – zum Beispiel 108 Tage oder sogar noch deutlich länger. Auch bei der Mantra-Meditation ist es das gleiche Prinzip: Jedes Mantra hat eine ganz eigene Energie und „Persönlichkeit“, zu der wir Schritt für Schritt eine Beziehung aufbauen.
Bei all diesen traditionellen Zeitvorgaben geht es darum: Wir sollen eine Meditation nicht einfach nur ausprobieren, um sie „mal erlebt zu haben“. Sondern Ziel ist, dass diese ganz konkrete Meditation, die wir üben, ein Teil von uns wird – weil wir ihre Energie sprichwörtlich verkörpern. (Das ist übrigens auch die Grundlage dafür, Meditation wirkungsvoll unterrichten zu können!)
„Aber was, wenn ich keine Lust habe?“
Ja, das wird passieren. Der Umgang mit inneren Widerständen, Langeweile, Frust und Ungeduld ist Teil des Wegs. Denn hier liegen unsere größten Wachstumschancen!
Nicht jede Meditation an jedem einzelnen Tag muss ein Feuerwerk der Erleuchtung sein. Es gehört dazu, dass sich manche Meditationen auch mal langweilig oder unspektakulär anfühlen. Diese Erfahrung wird umso wertvoller, wenn du dann nach einigen Wochen zweifelsfrei feststellst: Auch diese Übungseinheiten tragen zu einer sehr positiven Gesamtwirkung bei und machen dich gelassener und resilienter.
Viele Menschen denken, sie seien frei, wenn sie sich jeden Tag alle Optionen offenhalten und immer neu entscheiden. Im Grunde sind sie aber nur reaktiv. Eine tägliche Langzeitpraxis ist eine Entscheidung, die nicht von einem bestimmten Gefühlszustand, einer Tagesform oder äußeren Umständen abhängt. Und gerade darin liegt die eigentliche Freiheit.
Diese Art zu Meditieren ist ein Commitment zu dir selbst. Und es ist wie in der Liebe: Wir müssen uns aus vollem Herzen darauf einlassen – an guten wie an langweiligen Tagen –, um ihre ganze Tiefe erleben zu können.
Was passiert, wenn du länger die gleiche Meditation übst
Wenn du dich über einen längeren Zeitraum mit ein und derselben Meditation beschäftigst, lernst du sie wirklich kennen.
Denn:
- Deine Tagesform beeinflusst, wie du die Meditation erlebst. Es dauert seine Zeit, bis du unterscheiden kannst: Was ist eine punktuelle Erfahrung und was ist konstant in der jeweiligen Meditation?
- Im Laufe von zum Beispiel 40 Tagen erlebst du die Meditation mit unterschiedlichen emotionalen Wellen, hormonellen Zyklen, Wochentagen usw. Du bekommst ein besseres Gefühl dafür, wie sie dich durch deinen Alltag trägt.
- Du wirst zwangsläufig auch mit den unangenehmen Tendenzen deines Geistes konfrontiert: zum Beispiel wenn sich der innere Schweinehund an Tag 17 einfach nur langweilt oder genervt ist. Das gehört dazu! Denn genau in solchen Momenten können wir die Gelassenheit und innere Stärke entwickeln, die wir uns wünschen, statt wegzulaufen und uns wieder abzulenken.
- Auf diese Weise gewinnst du nicht nur Erkenntnisse über die Meditation, sondern Erkenntnisse über dich selbst. Die Wiederholung wirkt wie ein Spiegel und zeigt dir, welche Gedanken und Themen dich häufig beschäftigen.
- Deine Beziehung zu deiner Praxis wird persönlicher. Am Anfang wirkt eine Meditation oft neutral oder technisch. Durch Wiederholung entsteht Intimität und eine persönliche Beziehung zu Prana, deiner Lebensenergie.
- Nach einem längeren Zeitraum siehst du, wie sich die Wirkung der Meditation (bzw. bei tantrischen Meditationen deren ganz spezielle Energie) auch in deinem Alltag entfaltet – über kurzfristige Entspannungseffekte hinaus.
Kurz gesagt: Diese Wiederholung ermöglicht eine spirituelle Praxis statt oberflächlichem Konsum. Du erlebst eine tiefere Wirkung deiner Meditation, lernst dich selbst besser kennen und entwickelst dich weiter.
Und täglich grüßt das Murmeltier … bis sich etwas wandelt
Im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erlebt der egozentrische TV-Wetteransager den Murmeltiertag immer wieder und wieder. Sein anfängliches Staunen wandelt sich zu Frust und führt ihn schließlich dazu, sich selbst und sein Handeln zu hinterfragen. Er wird netter, hilfsbereiter, umgänglicher. Als er sich entscheidet, den Tag nicht einfach nur zu erleiden, sondern bestmöglich zu gestalten, löst sich der Fluch.
Nicht nur in diesem Film ist die äußere Wiederholung eine Chance für innere Wandlung. Genau so ist es mit der Meditation – denn auch ihre Kraft liegt in der Hingabe, nicht in der Abwechslung.

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