Das 2. Chakra in der Meditation: Zu Unrecht vernachlässigt?

Dein 2. Chakra

Traditionell wird nicht im 2. Chakra meditiert. Denn dort, so heißt es, steckt zu viel Karma. Zu viel ungelöstes Drama, das wir möglicherweise verstärken, wenn wir in diese Energie eintauchen und unsere Aufmerksamkeit zu lange darauf gerichtet halten.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn Karma steckt in jedem Chakra und überall in unserem Körper. Jede Energie kann ausgeglichen oder unausgeglichen sein. Und jedes Chakra hat eigene Themen, die nicht nur mit Wachstumsaufgaben, sondern auch mit speziellen Superkräften einhergehen. Lies hier, was das 2. Chakra so besonders macht – und was es in der Meditation offenbaren kann.

Kernthemen im 2. Chakra

Das 2. Chakra, Sakralchakra bzw. Svadhisthana, liegt im Bereich des Beckens und Kreuzbeins, in unmittelbarer Nähe zum Schoßraum und zu den Fortpflanzungsorganen. Hier schlummert unsere Schöpfungskraft – und zwar sowohl unsere Kreativität allgemein als auch die Fähigkeit, neues Leben in die Welt zu bringen.

So vieles von dem, was uns als Menschen ausmacht, ist in diesem 2. Chakra beheimatet: insbesondere auch unsere Fähigkeit, in Verbindung zu gehen und Nähe aufzubauen zu uns selbst und zu anderen.

Svadhisthana Chakra ist dem Element des Wassers zugeordnet und schenkt uns die Superkraft des Fühlens. Und dennoch wird dieses Chakra selbst in spirituellen Kreisen oft belächelt oder vernachlässigt: weil es angeblich der Erleuchtung im Weg steht. Weil es oft auf die Themen Lust und Sexualität reduziert wird. Und nicht zuletzt weil dort im Schoßraum zu viele Emotionen stecken. Denn ja, auch das Karma vieler kleiner und großer emotionaler Verletzungen sitzt hier. 

Die Welt braucht mehr weibliche Energie

Verbindung, Gefühle, Schöpfungskraft: Klingt nach all den Kernqualitäten weiblicher Energie, oder? Und damit ist nicht gemeint, dass nur Frauen diese Qualitäten haben können oder sollten. Denn egal ob Mann oder Frau, wir brauchen beides – das Yin und das Yang, Mond und Sonne, weibliche und männliche Energie. 

Wirklich freie, weibliche Energie wird in unserer Gesellschaft jedoch häufig als „schwach“ missverstanden. Oder aber, vor allem wenn sie unbeirrt und konsequent gelebt wird, als beängstigend empfunden und gern unterdrückt. 

Im Alltag wird unsere Fülle von Gefühlen und Erfahrungen meist abgelehnt – sie ist „zu viel“, sie ist „unangemessen“ oder „fehl am Platz“. Wahrscheinlich hast du es auch schon oft erlebt: jetzt erst einmal durchatmen, erst einmal stark sein, erst einmal funktionieren müssen statt zu spüren (geschweige denn zu zeigen!), wie es dir tatsächlich geht. Während sich in dir immer mehr anstaut, das zu wenig Beachtung und Verständnis bekommt.

Und ehrlich gesagt frage ich mich, ob nicht auch die alten Yogis – die wohl überwiegend Männer waren – vielleicht von dieser unbändigen fühlenden Kraft eingeschüchtert waren. Auch das erscheint mir ein plausibler Grund (wenngleich nicht der einzige) dafür, dass das 2. Chakra in der Meditation gern gemieden wird.

Feeling is healing

Natürlich wollen wir nicht zum Spielball unserer Emotionen werden. Wahrscheinlich meditieren die meisten von uns (auch), um mehr innere Ruhe und Gelassenheit zu finden – eben damit uns all unsere emotionalen Verletzungen nicht mehr so nahe gehen.

Ein Problem entsteht vor allem dann, wenn wir einen Teil von uns ablehnen.

Wenn ein kleines Kind sich die Augen zuhält und denkt: „Ich sehe dich nicht, also siehst du mich auch nicht!“ – ist es dann tatsächlich unsichtbar geworden? Leider verschwinden Dinge nicht einfach, nur weil wir uns weigern hinzuschauen.

Wenn wir Erlebnisse, Gefühle oder Teile unserer Persönlichkeit vor uns selbst und vor anderen verstecken wollen, dann verstärken wir den Schmerz. Zuerst verursachen wir uns selbst Leid (in welcher Form und welchem Umfang auch immer). Und aus dem Schmerz heraus fügen wir (bewusst oder unbewusst) auch anderen Leid zu.

Wir können nichts loslassen oder überwinden, was wir krampfhaft unterdrücken. Je hartnäckiger wir vermeiden zu fühlen, je mehr wir darauf bestehen, Erfahrungen unter den inneren Teppich zu kehren, desto mehr füttern wir unsere Kleshas – die Ursachen des Leidens, die Patanjali im Yoga Sutra als Hindernisse auf dem Weg zur Selbstverwirklichung beschreibt. Denn zu diesen Ursachen des Leidens gehört auch Dvesha: die Abneigung gegen all das, was uns nicht gefällt.

Wie kann es da eine Lösung sein, das 2. Chakra komplett außen vor zu lassen, wenn wir in der Meditation mehr inneren Frieden und Verbindung mit uns selbst erfahren möchten?

Das 2. Chakra pauschal als „zu unspirituell“ für die Meditation abzustempeln, bringt uns nicht weiter und baut eine innere Ablehnung gegenüber vielen wichtigen menschlichen Erfahrungen auf. Die Frage sollte eher sein: Wie können wir uns auf eine hilfreiche Art und Weise mit Svadhisthana in der Meditation beschäftigen?

Stefanie Seher Meditation

Integrieren statt transzendieren

Wenn wir in der Meditation unsere Aufmerksamkeit auf das 2. Chakra richten, dann muss dies nicht zwangsläufig all unsere karmischen Verstrickungen fester zurren. Die Meditation kann uns helfen, uns auf das Fühlen einzulassen – und dadurch zum Klären und Loslassen beitragen.

Die wohl poetischste Übersetzung von Svadhisthana, dem Namen des 2. Chakras, ist „Her Sacred Abode“ – „ihr heiliges Zuhause“. 

Ich persönlich verstehe das als eine Einladung, mir selbst auf eine sanftere und fürsorglichere Weise zu begegnen. Dieses heilige Zuhause zu ehren für all die vielfältigen menschlichen Erfahrungen und Qualitäten, die es beherbergt.

Meditation im 2. Chakra ist eine Möglichkeit, verletzende Erlebnisse zu verarbeiten, damit diese Wunden wirklich heilen können und nicht länger wie stille Entzündungen in der Seele brennen.

Wir können die Anteile von uns wieder integrieren, die wir einst unterdrückt haben aus der menschlichen Urangst heraus, wir könnten ihretwegen von anderen zurückgewiesen werden.

Und wir haben in der Meditation im 2. Chakra die wunderbare Gelegenheit, uns selbst in unserer ganzen Fülle zu begegnen – damit wir dann auch draußen in der Welt mit Anmut und innerer Stärke wir selbst sein können.

In uns ruhend. Mit uns im Reinen.

Dann können wir mit der Zeit im Alltag fasziniert zuschauen, wie die Wirkung all der Trigger einfach verpufft, die uns früher immer so aus der Fassung gebracht haben.

Die Superkraft des Fühlens stärkt die Intuition

All das bedeutet auch: Wenn wir uns erlauben wirklich hineinzuspüren und all diesen Anteilen, Emotionen und Erfahrungen Gehör schenken – dann stellen wir fest, dass wir auch unsere innere Stimme deutlicher wahrnehmen können.

Wenn wir nicht mehr so verbissen filtern, welche Informationen aus dem Inneren willkommen sind und welche nicht, dann kann uns unsere Intuition viel klarer leiten.

Eigentlich logisch, oder?

Wir lernen mehr aus all unseren Erfahrungen und können die Schwere schmerzhafter Erinnerungen sowie unsere Anhaftungen und Abneigungen loslassen. Und genau das war ja ohnehin ein Ziel der Meditation.

Und auf all das wollten die alten Yogis verzichten?

Nein, ganz so ist es nicht. Wie immer kommt es auf den Kontext an. Es stimmt, dass das 2. Chakra nicht der dauerhafte oder vorherrschende Fokus unserer Meditationspraxis sein sollte. Das bedeutet aber nicht, dass es keine traditionell überlieferten Meditationen für Svadhisthana gibt. 

Ganz im Gegenteil: Die Tradition hat wunderbare Meditationen hervorgebracht, die die besonderen Superkräfte des 2. Chakras für uns zugänglich machen, wenn sie zu einem bestimmten Zweck und in einem definierten Zeitraum praktiziert werden. Alles, was ich oben beschriebe habe, ist Teil einer solchen Meditation.

Möchtest du sie ausprobieren und dein 2. Chakra ebenfalls als dein heiliges inneres Zuhause erleben? Dann lade ich dich herzlich in den 30-Tage-Meditationskurs „Her Sacred Abode“ ein. Wenn du dir eine spirituelle Praxis wünschst, die Bauch, Herz und Kopf in Einklang bringt und in der alle Facetten von dir willkommen sind, dann bist du hier genau richtig.

„Her Sacred Abode“ startet am 12. Mai 2025.


Stefanie Seher Porträt

Hi, ich bin Stefanie!

Ich unterrichte Yoga und Meditation und schreibe hier darüber, wie du mehr Verbindung, Tiefe und Erfüllung in deiner Praxis finden kannst – und wie du all das in deinen eigenen Unterricht einfließen lassen kannst.


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